Geschichte & Technik

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Technik der Mühle

Um den Betrieb der Mühle zu verstehen, müssen wir zunächst die Kappe aufsuchen. Über Mühlenflügel, Ruten- (Flügel-)Welle, Kammrad und Bunkel setzt sich das Betriebssystem in die unteren Etagen fort.
Die vier Mühlenflügel tragen je 24 Klappen, die sich über eine Zugstange den Windverhältnissen entsprechend regulieren lassen. Die Zugstange läuft durch das Innere der Rutenwelle und lässt sich durch ein Gestänge, das aus der Kappenöffnung ragt, mittels einer Kette von unten bedienen. An der Kette hängt das Kontergewicht, mit dem die Umdrehungen der Flügel reguliert werden. Bei Windstärke 6 entwickelt die Mühle mit geschlossenen Klappen eine Kraft von 20 PS.
Die Rutenwelle trägt in der Mitte das mächtige hölzerne Kammrad, deren Holzzähne in die Speichen der des Bunkels greifen. Darunter hängt der Bremsbalken, dessen Stange auf den Bremsring des Kammrades fasst. Auch die Bremse wird über eine nach außen hängende Kette bedient. Schließlich sei noch der Mechanismus der Windrose erwähnt, das in mehrfacher Übersetzung in den Gleit- und Zahnkranz greift, um die Kappe (Front und damit die Flügel) stets in den Wind zu drehen.
Die Königswelle führt durch den Boden in die nächst untere Etage, den sogenannten Stirnradboden. Hier dominiert das Stirnrad, das die beiden Klüver und die kleine Königswelle antreibt. Während die Klüver in der unteren Etage die Mahlsteine in Bewegung setzen, werden durch die kleine Königswelle über Räder und Riemen die Transmission mit den Elevatoren, die Reinigung (Triuer und Aspiratuer), die Mischmaschine und eine eigene Stromversorgung angetrieben.
Eine vorhandene Sackwinde im gleichem Raum hat seit dem Jahre 1947 keine Bedeutung mehr, weil das Mahlgut durch die Schächte der Elevatoren aus dem Kellerraum zur Reinigung bzw. zum Mahlgang befördert wird.
In den aus dem Keller kommenden Elevatorschächten läuft ein ein mit Schaufeln bestücktes Band. Die einzelnen Becher tragen das Mahlgut nach oben. Über den rechten, im Hintergrund stehenden Elevator, wird das Mahlgut in die Reinigung gebracht. Der linke Elevator transportiert das gereinigte Mahlgut dann über seine Schächte zu den Mahlsteinen.
Ist in den Kellerraum die Getreidefüllung in den Elevatorbehältern auf unter 10 Pfund gesunken, leuchtet eine Lampe auf, so dass der Müller nachfüllen kann. Eine von den zahlreichen sinnvollen Erfindungen und Verbesserungen, die durch Hans Kristensen vorgenommen wurden. Sinnreich sind auch die, in den zum Mahlgang führenden Schacht eingebauten Magneten, die Eisenstücke wie Nägel usw. festhalten, so dass nur das Getreide durchläuft.

Wir steigen über eine Leiter wieder eine Etage tiefer und stehen auf dem Mahlboden. Als tonnenartiges Gebilde hängt der Trieur unter der Decke. Hier erfolgt durch eine rotierende Trommel die Auslese des Rundkorngesämes, der giftigen Kornrade und der Vogelwicke. Der Aspirateuer darunter dient der Reinigung des Brotgetreides - der sogenannten Schwarzreinigung. In zwei Trommeln drehen sich, von den mächtigen Klüvern getrieben, die Mahlstein – je 25 Zentner. Schwer. In jeder Trommel befinden sich zwei Steine, deren Rillenseiten gegeneinander liegen. Über die Elevatorschächte und anschließend den Rüttelschuh, der je nach Geschwindigkeit den Zulauf des Mahlgutes reguliert, fließt das Getreide durch das „Auge“ des Läufersteins in den Mahlgang. Im linken Mahlgang wird das Brotkorn, in dem Rechten das Futterkorn gemahlen. Die Sortierung erfolgt durch eine Klappe im Elevatorschacht.
Wir erinnern uns das die Mühle ursprünglich einen Graupenmühle war, zum Schälen von Gerste mit einer Pillery aus Sandstein. Erst 1850 wurde ein härterer Stein zum Feinmahlen eingebaut.
Eine Treppe führt uns hinab in den Kellerraum, den sogenannten Absackboden. Die aus der Decke herunter ragenden Sackstutzen verraten, dass hier einmal das gereinigte, zum anderen gemahlene Getreide erscheint. Aus dem rechten Elevatorbehälter im Kellerboden wird das Mahlgut zunächst nach oben in die Reinigung gebracht und kommt durch die Sackstutzen dann wieder nach unten. Dann wird das Mahlgut vom linken Elevatorbehälter wieder nach oben in die Mahlgänge gebracht und erscheint nach dem Mahlen dann wieder in den jeweiligen Sackstutzen.
In der Mitte des Raumes befindet sich das Motorensystem. Diese wurde nur benötigt wenn der Müller mahlen wollte aber nicht genügend Wind vorhanden war. Daneben befinden sich der Lager sowie der Absackraum.

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die ersten Jahrhunderte

Die Amrumer Mühle ist die älteste Windmühle in Schleswig Holstein und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Historie aus den ersten Jahren stammt zum Großteil vom Grabstein des ersten Müllers und aus mündlichen Überlieferungen jener Zeit, die teilweise erst Jahre später aufgeschrieben wurden.
Der Seefahrer Erk Knudten kaufte 1770 in Holland, vermutlich Amsterdam, einen achteckigen Erdholländer, den er per Schiff nach Amrum schaffte. Es wurde in Holland alles abgebaut, beschriftet und seefest verpackt auf die Reise gebracht. Die Mahlsteine sind vermutlich über Kontakte mit Föhrer Müllern nach Amrum gelangt. Die Verkleidung der Mühle wurde auf Amrum in Reet neu gefertigt.
Die Nebeler Windmühle wurde 1770-1771 auf der höchsten Erhebung des Ortes gebaut. Da der Baumbestand zu jener Zeit wesentlich überschaubarer war als heutzutage, konnte man die Mühle aus allen Himmelsrichtungen der Insel sehen. Daraus ergab sich auch ihre anfängliche wichtige Bedeutung als „Seezeichen“ und Orientierungshilfe für vorbeifahrende Schiffe an der Westseite der Insel. Der Amrumer Leuchtturm wurde erst 1875, nach zwei Jahren Bauzeit, in Betrieb genommen.
Ein weiteres Amrum-spezifisches Ritual ist mit der Amrumer Windmühle verbunden. Hier stehen die Flügel der Mühle diagonal in Ruhestellung „in der Schere“. Bei einem Todesfall auf der Insel stehen die Mühlenflügel am Tag der Beerdigung in horizontal-vertikaler Stellung.„im Kreuz“ und weisen weithin sichtbar auf den Trauerfall hin.

Die Inschrift des Grabsteines von Erk Knudten gibt uns weitere Auskünfte über die Erbauung der Mühle:
„ An diesem Monument ruhen die Gebein von das selige Ehepaar und Eltern Erk Knudten und Inge Erken aus Nebel. Der Vater, gewesener Müller, war in seinen jüngeren Jahren ein Seemann und hat die 3 letzten derselben als Schiffer gefahren. Ao 1771 liess er eine Graupen Mühle bauen, welche er 21 Jahre als Müller vorgestanden. Er und seine getreue Gattin lebten miteinander verehelicht 46 Jahre und zeugten 11 Kinder. Ao 1801 ist der Vater im 67. und die Mutter 1824 im 92. Jahre ihres Alters selig entschlafen“
Als der erste Müller 1792 die Mühle an seinen Sohn übergab, war es noch nicht möglich vom Mahlen von Graupen, Grütze und Korn allein zu leben, folglich betrieben die Müller nebenher auch Landwirtschaft auf den angrenzenden Flächen. Als Erk Knudten verstarb wurde der älteste Sohn, der die Mühle bereits betrieb zum Erben ernannt und die Geschwister sollten ausbezahlt werden. Dies war Martin Erken nach jahrelanger Müllertätigkeit jedoch nicht möglich und so übernahm eine seiner Schwestern, die einen reichen Landbesitzer geheiratet hatte, die Mühle. Als ihr Mann verstarb überließ sie die Müllertätigkeiten ihrem Schwiegersohn Hans Tychsen und dem Müllergesellen.

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Besitzer der Windmühle

 

Name von - bis  
Erk Knudten 1771-1787 Seemann, erbaute die Mühle zwischen 1770 – 1771
Martin Erken 1787-1825 Müller und Zimmermann, Sohn von Erk Knudten, übernahm 1787 die Mühle
Hans Tychsen 1825-1846 Müllergeselle aus Tondern, durch Heirat mit der Nichte Martin Erkens übernahm der die Mühle ab 1825.
Thomas Jensen Christensen 1846 Müllergeselle aus Abild bei Tondern, übernahme der Mühle 1846 durch Heirat der Witwe von Hans Tychsen.
Peter Klemensen Kristensen bis 1922 Müllergeselle aus Vöng, Neffe von Thomas Christensen, übernahm nach dem Tod seines Neffen die Müllertätigkeiten.
Hans Ernst Kristensen 1922-1964 Sohn von Peter K. Kristensen, Müller, war Amrums letzter Müller und führte als selbiger die Mühle von 1922 bis 1964..
Amrumer Mühlenverein 1964 - heute  

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Gründung des Vereins

Ab 1964 übernahm der Verein zur Erhaltung der Amrumer Windmühle e.V. die Windmühle und baute die ehemaligen Lagerräume zum Museum um und betreibt bis heute Ausstellungsräume für Künstler, um den Unterhalt für Instandsetzungskosten zu tragen.
Es zeichnete sich schon länger ab, dass der Betrieb einer Windmühle zum Korn mahlen nicht mehr rentabel war. Zusätzlich machten die Gesellschaften, die vom Festland her mit Billigpreisen in den heimischen Markt eindrangen, dem Müller zu schaffen. Die immer wieder anfallenden Reparaturkosten waren irgendwann nicht mehr zu decken.
So entschloss sich Hans Kristensen, letzter Amrumer Müller betrieb die Mühle von 1922 bis 1963, den Betrieb einzustellen. Das sprach sich schnell auf der Insel herum, und so manch Einheimischer und auch Auswärtiger hatten Interesse aus unserer schönen Mühle ein Wohnhaus zu machen oder gar eine Gaststätte darin zu betreiben.
Es ist sehr dem Bestreben von Hans Kristensens Frau Maria zu verdanken, dass die Mühle einem Verein übergeben wurde, der sich um den Fortbestand der Mühle kümmern wollte. Maria Kristensen bat den damaligen Inselpastor Erich Pörksen um Rat. Dieser zögerte nicht lange und berief eine insulare Versammlung ein, die bezwecken sollte, einen Verein zur Erhaltung der Mühle zu gründen.
Am 20. Januar 1964 fand die erste Versammlung zur Gründung des Vereins in Nebel statt, zu der Pastor Erich Pörksen einlud. Es fanden sich gut 70 Insulaner ein, um den Fortbestand der seinerzeit 200 jährigen Mühle zu sichern. Noch an diesem Abend wurde der Verein gegründet und ihm eine Satzung gegeben.
Der Denkmalschutz sorgte mittlerweile dafür, dass die Mühle nicht zweckentfremdet werden durfte. Die Pläne eine Gaststätte oder Wohneigentum zu schaffen waren somit nicht mehr möglich, was dem Verein zu Gute kam.

Der letzte Müller, Hans „Malla“ freute sich auf seinen Ruhestand und plante die Mühle und ihren Werdegang noch zu begleiten und dem Verein tatkräftig zu Seite zu stehen. Niemand anders kannte die Mühle und ihre Eigenschaften schließlich so gut. Am Klang der Zahnräder oder Mahlsteine hörte Hans, ob es irgendwo eine Unwucht gab oder Ungereimtheiten vorlagen.
Diese Pläne wurden durchkreuzt, als der letzte Müller am 17. September 1964 plötzlich entschlief. Seine Frau Mary folgte ihm im Januar 1966 nach. Müllergeselle Thomas Kristensen, Sohn des letzten Müllers, stand dem Mühlenverein bis zu seinem Tod 1979 in allen technischen Belangen dem Verein gerne zur Verfügung.
Die technische Betreuung übernehmen seitdem immer wieder gerne Nachfahren des letzten Müllers, heute sind noch Enkel & Urenkel von ihm am Erhalt der Mühle beteiligt.
Durch seine gute Pflege und seiner Liebe zur Mühle hat Hans Kristensen uns ein bedeutendes Denkmal für unsere Insel erhalten, das der Verein weiterführen wird.
Bis heute kümmern sich viele engagierte Menschen mit Arbeitskraft, Vereinsarbeit oder durch Spenden um den Erhalt unserer Amrumer Mühle.

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Heimatmuseum & Ausstellungen

Aus den Lagerhallen wurde ein Museum, das Reetkleid der Mühle wurde rundum erneuert. Sanitäre Anlagen für die Besucher wurden installiert. Holzteile wurden für eine längere Lebensdauer neu imprägniert oder ausgetauscht.
Das Museum eröffnete am 28. Juni 1964 seine Pforten für die Besucher, die angetan waren von dem was hier geschaffen wurde. Man erlebt hier Inselgeschichte aus mehreren Jahrhunderten. Seefahrt und Walfang, Ackerbau und friesische Wohnkultur und frühzeitlicher Besiedlungsgeschichte der Insel.
Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die Sommerausstellungen mit Gemälden wechselnden Künstler, überwiegend handelt es es sich um Amrum-spezifisches Motive.

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Schwere Sturmschäden

Die Stürme im Herbst 2011 haben der Mühle stark zugesetzt. Ein Flügel war angebrochen und die Holzelemente drohten auseinander zu brechen. Damit der Flügel nicht ganz abbricht, entschloss man sich den Flügel mit Stahlklammern zu sichern.
Während der Arbeiten an der Mühle beschädigte eine kurze dafür aber sehr starke Sturmböe am 25. August 2011 die Mühle noch weiter. Die gegenüberliegende Seite des Flügels der repariert werden sollte riss auch ein, die Jalousien brachen ab und weitere Holzelemente lösten sich. Die Sturmböe war so stark, dass sich die ganze Kappe um 3cm anhob und verschob. Die komplette Kuppelkonstruktion hat hierunter gelitten und sogar starke Stahlstreben verbogen sich dabei.
Bei der Begutachtung des Schadens offenbarten sich noch weitere Schäden. Unter dem Wasserhaus, das erneuert werden sollte, zeigten sich erhebliche Verwitterungsschäden. Nach dem Entfernen des morsch gewordenen Holzes fehlten an dem Balken zwischen 20-30cm Stärke. Eine Traglast war so nicht mehr gegeben. Dieser Balken musste erneuert werden, da er die Rutenwelle trägt, an dem die Flügel befestigt sind. Ohne die gesamte Kappe abzuheben war dies nicht zu bewältigen.
Ein Spezialkran vom Festland konnte hier Abhilfe schaffen. Einen immensen Aufwand und Geldsummen wurden für diese Arbeiten benötigt. Ca. 250.000 Euro wurden in die Reparatur investiert.

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die Mühle Unterstützen

Verein zur Erhaltung der Amrumer Windmühle
IBAN: DE60 21791906 0000 103900     BIC: GENODEF1WYK

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